Leichtigkeit des Verkehrs vs. Sicherheit der Bürger
Die Stimmung der Bürger war trotz frostnaher Außentemperatur angeheizt. Denn es geht an der Fischbecker Landstraße in Hameln nicht nur um einen Grünen Pfeil, sondern um Verkehrssicherheit und die Gesundheit der Anwohner.
Das neue „Zauberwort“ im Umgang der Hamelner Politik mit der Verwaltung heißt „Gebundene Entscheidung“. Sinngemäß äußerte sich so der Hamelner Stadtbaurat, als er den in Sachen Tempo 70 und Grünem Pfeil versammelten Bürgern klar machen wollte:“Das wird nicht einfach“. Oder mit anderen Worten, da ist vermutlich nichts zu machen.
Wieso, fragt sich da der juristisch wenig vorbelastete Bürger?
„Bei einer gebundenen Entscheidung muss die Verwaltung, wenn alle Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen die im Gesetz vorgesehene Rechtsfolge herbeiführen. Ihr steht also kein Ermessen zu. Sollte die Verwaltung ihrer Verpflichtung nicht nachkommen, kann der Bürger dies durch eine Klage erzwingen.“ (Juraforum im Internet)
Genau in dieser Definition aber liegen doch Handlungsspielraum und damit Möglichkeiten zur Lösung des Problems an der Fischbecker Landstraße im Sinne der Hamelner Bürger.
Wer entscheidet, ob alle Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen und damit kein Ermessensspielraum gegeben ist? Über viele Jahre war es offensichtlich unstrittig, dass die gebundene Entscheidung, im besagten Streckenabschnitt der Fischbecker Landstraße, außerhalb der geschlossenen Ortslage der Stadt, die Geschwindigkeit auf 50 km/h zu begrenzen, nicht zu beanstanden sei. Zu Recht, denn der relativ schmale Bürgersteig auf der einen Seite der Straße, der Radweg allein auf der anderen Seite bei fehlender Querungshilfe und der Schutz vor Lärm und Feinstaub, haben diese Abweichung von der Norm (70km/h) gerechtfertigt und tun dies auch heute noch. Die dicht aneinander gereihten Supermärkte vermitteln überdies das Bild einer Ortslage. Interessanterweise haben sich die Bürger (Autofahrer) daran nicht gestört, zumindest hat dagegen keiner geklagt, um 70 km/h oder gar 100 km/h zu erzwingen. Wenn überhaupt, hätte sich eine solche Klage vermutlich nur dagegen gerichtet, dass in diesem Streckenabschnitt häufig Geschwindigkeitskontrollen durchgeführt worden sind, was seitens der Verwaltung bei anderer Gelegenheit mit besonderen Gefahren und Unfallschwerpunkt begründet wird.
Die Rechtsnorm, auf die durch die Verwaltung jetzt Bezug genommen wird, ist nicht neu und gültig von Flensburg bis Mittenwald und von Aachen bis Frankfurt a.O.. Die Lage an der Fischbecker Landstraße kann sie also nur ganz grundsätzlich berücksichtigen.
Wer also ist hier vor Ort zuständig im Rahmen eines offensichtlich doch vorhandenen Ermessensspielraums festzustellen, ob nun 70 km/h oder doch, wie bislang 50 km/h die lageangemessene Höchstgeschwindigkeit sind? Die mittlere Verwaltungsebene der Stadt reklamiert dieses Recht für sich. Oberbürgermeisterin und auch der Verwaltungsausschuss haben sich bisher diesem Anspruch gebeugt. Und es ist zu befürchten, dass sich an dieser Haltung auch nichts ändern wird. Handlungsspielräume ausschöpfen, genau das ist aber eine der Aufgaben, die insbesondere Verwaltungsspitze und Verwaltungsausschuss an der Nahtstelle zur Politik haben.
Meine eindringliche Bitte an beide lautet daher: Nehmen sie Ihre Verantwortung wahr. Das einzige, was Ihnen passieren kann, ist die Klage eines durchfahrenden PKW-/LKW-Fahrers, der die Leichtigkeit des Straßenverkehrs beeinträchtigt sieht. 50 km/h sind im Sinne der Hamelner Bürger, die dies wollen und berechtigt fordern. Der Grüne Pfeil, der ja vorrangig auch der Leichtigkeit des Verkehrs dienen soll, kommt dann von allein zurück.
Hermann Schmidtchen